Modelle und Theorien
In der Begabungsförderung stützt man sich inbesondere auf folgende Modelle: eine revidierte Taxonomie des kognitiven Denkens von Bloom nach Anderson & Krathwohl (2001) und auf das Drei-Ringe-Modell (1979) und das daraus weiterentwickelte SEM (Schoolwide Enrichment Model) nach Renzulli (1997).
Die revidierte Taxonomoie der kognitiven Denkfähigkeiten nach Anderson & Krathwohl stützt sich auf die bekannte Taxonomie von Bloom (1956), doch zuoberst in der Pyramide steht neu die Kreativität: Erinnern - Verstehen - Anwenden - Analysieren - Evaluieren/Überprüfen - Erschaffen
Bei der Erstellung von Aufgabenstellungen sollte diese aufbauende Taxonomie beachtet werden. Darüber hinaus wird der Reflexion des eigenen Lernprozesses in der Begabtenförderung hohe Beachtung geschenkt.
Renzulli schenkt als einer der ersten der Förderung personaler und überfachlicher Kompetenzen sowie dem Einbezug der Umwelt (Eltern, Peers, Vereine etc.) und der Verantwortung von begabten Personen gegenüber der Gesellschaft Bedeutung. Es stellen sich neu Fragen wie: Wie wird Begabung in Leistung umgewandelt? Wie wird Begabung und die daraus resultierende Leistung zu Gunsten der Gesellschaft konstruktiv genutzt?
Ko-kognitive Kompetenzen, insbesondere moralische und ethische Aspekte sind aktuell in der Begabungsforschung am Gewinnen von Bedeutung. Es wurden 6 Persönlichkeitsmerkmale isoliert, deren Einfluss auf diese Fragen erforscht wird: Optimismus - Mut - Hingabe an ein Thema resp. Fach - Sensibilität für menschliche Belange - Körperliche und geistige Energie - Zukunftsvision und das Gefühl, eine Bestimmung zu haben.
Folgerungen für den Unterricht begabter Schülerinnen und Schüler:
- Offene Fragestellungen und interessengeleitete Aufgabenstellungen haben sich als sehr gewinnbringend erwiesen.
- Offene Projektarbeit mit einer Lernprozessbegleitung sind ebenfalls förderlich.
- Anspruchsvolle mehrdimensionale Lernaufgaben stellen.
- Fortlaufende Reflexion des eigenen Lernprozesses anregen. Dies kann mittels eines Talent-Portfolios erfolgen. Doch genauso wichtig sind regelmässige dialogische Austauschformen, sei es mit Peers oder Lehrpersonen.
- Begabte Schülerinnen und Schüler sollen dazu angeleitet werden, Verantwortung für ihren eigenen Lernprozess zu übernehmen.
- Die Schülerinnen und Schüler sollen positive Selbstwirksamkeit erfahren und lernen, sich selbst Sorge zu tragen und mit ihrer Energie sorgsam umzugehen.
- Als Ziel oder Vision der Begabtenförderung: sich selbst sorge tragende, selbstbewusste und verantwortungsvolle, kreative Führungspersönlichkeiten fördern, welche künftig eine tragende Rolle in der Gesellschaft spielen können.
Literaturhinweis:
Ausführlicher sind diese Theorien beschrieben in V. Müller-Oppliger (2013): Didaktik der Begabungsförderung.
In: Timo Hoyer, Victor Müller-Oppliger & Gabriele Weigand (2013) (Hrsg.): Begabung. Darmstadt. Wissenschaftliche Buchgesellschaft
WBG. S. 102-122.
Einen äusserst kurzer Abriss über die Begabungsforschung findet sich im Schulblatt 09/2020 [pdf, 2.6 MB].
Empfehlenswert ist zudem: Victor Müller-Oppliger & Gabriele Weigand (2021) (Hrsg.): Handbuch Begabung. Weinheim Basel. Beltz-Verlag. Leseprobe [pdf, 614 KB].